Es ist Halbzeit in der Enduro World Series (EWS). Beim vierten Stopp ging es diesmal in Österreich und Slowenien zu Sache. Die Region rund um die Petzen in Kärnten und das Gebiet um Jamnica in Slowenien lässt die Enduro Herzen höher schlagen. Dass nun dieser Event der Sonderklasse an der österreich-slowenischen Grenze stattfand, war natürlich ein absolutes Highlight.
Es hat sich in manchen Gefilden noch nicht ganz rumgesprochen, wie schön und vielseitig die Region ist. Spätestens nach dem EWS-Stopp werden wahrscheinlich einige Trailbiker auf den Geschmack gekommen sein. In Österreich und Slowenien selbst ist die Region schon länger fester Anlaufpunkt der Mountainbike Szene. Und auch das Black Hole Enduro Festival findet bereits mehrere Jahre hier statt. Jetzt gab es die Premiere in Kombination mit der EWS und das konnte sich wirklich sehen lassen.
Zwei Länder – ein Rennen
Doch nun zu den Einzelheiten. Bereits die Vorankündigung klang mehr als vielversprechend. Das Event konnte mit einigen Besonderheiten aufwarten. Zwei Länder – ein grenzübergreifendes Rennen, inklusive eines Transfers durch die slowenische Unterwelt. Die Strecke verlief nämlich am zweiten Tag zwischen der vierten und fünften Stage durch einen stillgelegten Stollen. Und das Ganze im Mix mit ein paar der längsten und vielseitigsten Stages in der EWS Geschichte. Auf Jamnica Seite ging es vor allem über Waldboden, Wiesen und durch Flussläufe. Auf der Petzen selbst warteten dagegen die zwei längsten Trails des Rundkurses. Für diese mussten als Abschluß der beiden Tage noch einmal alle Kräfte aktiviert werden – physisch und mental. Für das Wochenende wurden im Grenzgebiet insgesamt sechs Stages mit rund 96 km und über 5000 Tiefenmeter bezwungen.
Tag 1 – 50,8 km – 1364Hm – 2578Tm
Erleichterung gab es am Morgen des ersten EWS Renntages. Nach dem Regen und den nassen Bedingungen an den Tagen zuvor begann Tag 1 mit viel Sonne und der Aussicht auf trockenere Trails. Gestartet wurde in der Event-Area am Fuße der Petzen. Es ging für die über 300 Fahrer und Fahrerinnen erst einmal über die Grenze in Richtung Jamnica zur ersten Stage. Cecil Ravanel (Commençal Vallnord Enduro Team) und Sam Hill (Chain Reaction Cycles Mavic) starteten auch dieses Mal als Führende der Serie ins Rennen.
Den Anfang machten zwei handgebaute Trails in der Nähe des altbekannten Ekohotel Koroš – der Blueberry und Jungle Trail. Auf den knapp drei Kilometer langen Abschnitten, gab es ein paar Überraschungsmomente. Das Erscheinungsbild hatte sich durch die Wetterbedingungen und Trainingseinheiten ziemlich verändert. Die zuvor zurecht gelegten Strategien für bestimmte Stellen waren damit teilweise nicht mehr umsetzbar.
Cecile Ravanel auf Platz eins
Gleich auf der ersten Stage setzte sich Cecile Ravanel auf den ersten Platz. Gefolgt von Katy Winton (Trek Factory Racing) und Mélanie Pugin (Miranda Racing Team). Schnellster bei den Männern nach Stage 1 wurde Martin Maes (GT Factory Racing) vor Damien Oton (Unior Devinci Factory Racing) und Florian Nicolai (Canyon Factory Enduro Team). Der Favorit Sam Hill (Chain Reaction Cycles Mavic) landete erst einmal etwas abgeschlagen auf Platz 6.
Auf Stage 2 ging es nach Aussagen der Fahrer vordergründig darum, auf dem Bike zu bleiben. Der Boden war im Vergleich zur ersten Stage immer noch recht rutschig. Gerade über die Off-Camber Wurzeln war viel Konzentration gefragt, um einigermaßen die gewünschte Linie zu halten. Beim Training hatte es aufgrund des steilen Geländes und extrem schmieriger Teilstücke bereits mehrere heftige Stürze gegeben. Die Miene einiger Fahrer ließ vermuten, dass die Stage nicht zu den Favoriten gehören würde.
Auch hier setzte sich bei den Damen wieder Ravanel durch, eine Sekunde dahinter Pugin und danach Casey Brown (Trek Factory Racing). Bei den Herren fuhr diesmal Hill an die Spitze und Maes setzte sich ganz knapp vor Wallner (Ibis Cycles Enduro Race Team) an die zweite Stelle.
Die neue EWS Stage
Nach einem bereits langen Tag im Sattel ging es daraufhin die 14km zurück zur Event Area am Fuße der Petzen. Die Petzen Kabinenbahn brachte die Fahrer dann zum Abschluß des Tages zum “Top of Südkärnten” auf 1700m Seehöhe. Hier hieß es noch einmal Hände und Finger ausschütteln. Danach folgte ein ruppig flowiger Ritt auf der sogenannten EWS Stage. Die letzte Stage des Tages war länger als die beiden ersten zusammen und es ging über 1000 Tiefenmeter ins Tal.
Zu guter letzt landete Cecile Ravanel hier wieder auf Platz 1. Isabeau Courdurier (Intense Mavic Collective) konnte es sich vorerst auf dem zweiten Platz gemütlich machen. Und Casey Brown beendete die Stage auf Platz 3.
Bei den Herren der Runde kam Sam Hill mit der besten Zeit auf Stage 3 ins Ziel, gefolgt von Eddie Masters aus Neuseeland und Vid Persak aus Slowenien.
Tag 2 – 45,7 km – 1368Hm – 2448tm
Am zweiten Tag ging es nach dem Start in der Petzen Event Area in Richtung des ehemaligen Bergbaugebiet Mežica. Der Tag verlief für die Rider insgesamt etwas flowiger als der erste, war allerdings gespickt mit zwei anstrengenden Steilstücken. Die Mädels und Jungs gaben dennoch Gas. Auf Stage 4 hatte Courdurier die Nase vorn. Doch Ravanel war ihr dicht auf den Fersen, gefolgt von Brown. Bei den Männern konnte sich dieses Mal Maes auf den ersten Platz vorkämpfen, gefolgt von Hill und Ruaridh Cunningham (Trek Factory Racing).
Black Hole Enduro
Beim nächsten Transfer zur Stage 5 ging es dann zum Namensgeber des Black Hole Enduro. Es folgte eine sechs Kilometer lange Fahrt durch eben dieses schwarze Loch eines stillgelegten Bergbaustollens. Es befinden sich dort viele dieser Tunnel (das gesamte Netz erstreckt sich auf insgesamt 800 km). Doch nur ein kleiner Teil kann wie hier befahren werden. Für die einen war diese ungewöhnlich Art des Mountainbikens eine gelungene Abwechslung, um mal nicht ÜBER den Berg zur nächsten Stage strampeln zu müssen. Eine gescheite Abkürzung sozusagen. Für andere dagegen wohl eher eine Qual oder zumindest eine etwas nervenaufreibende Angelegenheit. Nur mit einer Helmlampe bewaffnet, 20 min durch einen dunklen Gang zu fahren ist das eine. Wenn man aber z.B. mit Platzangst oder dergleichen zu kämpfen hat, sicher nicht angenehmste Fortbewegung.
Flow in Jamnica
Auf der anderen Seite angekommen, stand mit der Nummer 5 die kürzeste Stage des Wochenendes an. Und nicht nur das – der sogenannte ‘Lost Goat’ Trail war für viele wohl auch der Trail mit dem meisten Flow. Hier führte Ravanel wieder die Gruppe der Damen an, gefolgt von Pugin und Winton. Bei den Männern hatte sich Maes an die Spitze gekämpft und wurde von Hill und Cunningham verfolgt.
Zu guter Letzt ging es auch an Tag 2 wieder zurück zur Petzen und der längsten Stage des Tages. Hier wartete bereits ein besonderer ‘Thriller’ auf die Fahrer. Der Name des Vorzeige-Enduro-Trails war durchaus Programm! Vor den ruppig, verblockten Stücken und engen Kehren war noch nicht ganz klar, wer am Ende auf dem Treppchen stehen würde. Auf den sechs Kilometern und über 1000 Tiefenmettern schien einiges möglich. Es blieb also bis zuletzt spannend, ob sich auf den ersten Plätzen noch etwas tun würde.
Die Ergebnisse
Women
Am Ende landete Cecile Ravanel, wie auch bei vier der anderen fünf Stages, auf dem ersten Platz und konnte sich den Gesamtsieg sichern. Isabeau Courdurier (Intense Mavic Collective) fuhr insgesamt auf Platz 2. Casey Brown (Trek Factory Racing) konnte sich, durch einen sehr guten Lauf auf der letzten Stage, den dritten Platz auf dem Podium ergattern. Sehr bitter verlief der letzte Teil des Tages für Mélanie Pugin. Sie hatte sich, nach den Erfolgen auf den vorherigen Stages, durchaus einen Platz auf dem Treppchen erhofft. Sie wurde dann aber regelrecht auf den letzten Metern von Brown überholt, nachdem sie sich zuvor ziemlich konstant auf dem dritten Platz behaupten konnte. Die Enttäuschung war daher verständlicherweise groß. ´
Auch bei den Women Master wurde es noch spannend. Michelle Muldoon aus Irland landete mit drei Sekunden Vorsprung auf Platz 1. Dicht gefolgt von der Österreicherin Birgit Braumann und Mary Mcconneloug aus den USA.
Bei den U21 Damen belegte Ella Conolly aus Großbritannien wie auch in den letzten drei Rennen den ersten Platz. Yana Dobnig aus Österreich konnte sich bei ihrem ersten EWS Rennen in dieser Saison Platz 2 sichern und Abigale Lawton ebenfalls aus Großbritannien Platz 3.
Men
Auch bei den Männern lieferten sich Hill und Maes auf der letzten Stage ein ziemliches Battle. Martin Maes wollte sich nach acht zweiten Plätzen in den letzten Jahren und dem DNF in Kolumbien diesmal den ersten Platz sichern. Leider ging der Plan für ihn nicht auf. Sam Hill landete zufrieden an der Spitze und Robin Wallner auf Platz 3. Ganz happy war bestimmt auch der Local Vid Persak, der sich insgesamt auf dem fünften Platz einreihen konnte.
Bei den Men Master setzte sich Karim Amour aus Frankreich (Miranda Racing Team) vor Michael Broderick aus den USA und Vlastimil Hyncica aus Tschechien durch.
Die U21 Männer führte wieder einmal Elliot Heap (Chain Reaction Cycles Mavic) an, gefolgt von Theotim Trabac (Commençal Vallnord Enduro Racing Team) und Mirco Vendemmia (CMC Cycling Experience).
Teamwertung
Bei der Teamwertung hatte dieses Mal (und erstmalig in der Saison) das Trek Factory Racing Team die Nase vorn, gefolgt vom Canyon Factory Enduro Team und dem Miranda Racing Team.
It’s a Wrap!
Wie alle EWS Stopps hat auch dieser wieder gezeigt wie physisch und mental anstrengend diese zwei Tage sein können. Deswegen gilt der volle Respekt den Fahrern und Fahrerinnen der unterschiedlichen Klassen (Frauen, Männer, U21 und Masters), die sich auf den anspruchsvollen Stages und anstrengenden Transfers gut geschlagen haben. Hut ab!